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    la chica = das Mädchen    

Yerma

in Bochum

Newsletter Metropole Ruhr
Dienstag, 10. April 2012
Yerma – auf der Suche nach Glück und Liebe
Die Regisseurin Cilla Back. Foto: Christian Rolfes
Federico García Lorca schrieb dieses hochemotionale, realistische und doch auch poetische Stück über ein gescheitertes Leben und die Suche nach Glück und Liebe im Jahr 1934. Cilla Back, die aus Finnland stammt, inszeniert „Yerma“ für die Bühne der Kammerspiele Bochum (Premiere: 14. April) Sie greift die archaischen Bilder und Chöre Lorcas auf.

Mit großer emotionaler Kraft
Wer bei „Yerma“, dem Stück von Federico García Lorca über eine Frau, die sich dringend ein Kind wünscht, an Flamenco denkt, liegt nicht ganz falsch bei der Inszenierung von Cilla Back. Nicht, dass die finnische Regisseurin spanische Folklore, Rüschen und Gitarren auf die Bühne bringt, aber die emotionale Kraft und körperliche Präsenz, die den Flamenco so unverwechselbar machen, zeichnet auch die Arbeit von Cilla Back aus. Sie entwickelt die Figuren aus ihren körperlichen Zuständen. Dabei vertieft sie die emotionale Spannung ihrer Figuren und setzt jede Bewegung und jede Geste genau in Szene.

Frauenschicksal
Yermas Leidensweg ist für Cilla Back ein großes Frauenschicksal. Yerma wünscht sich ein Kind, doch es ist nicht nur dieser Wunsch, der unerfüllt bleibt; unerfüllt bleibt auch die Sehnsucht nach Leidenschaft, Glück und Begehren. Yerma sieht die jungen Frauen, die bedenkenlos mit ihrem Körper und ihrer Lust umgehen, und sie sieht die verblühten Körper der alten Frauen. Auf welcher Seite steht sie? Auf der des Lebens oder der des Todes? Welchen Weg soll sie gehen und wie kann sie ihr Glück finden? Sie wird es nicht finden, wird weder den jungen noch den alten Frauen folgen. Sie bleibt allein, einsam.

Chor der Frauen
„Yerma“ ist eine Tragödie, befand Lorca und er reicherte sein Stück an mit lyrischen Chören und Gesängen der Frauen, die Yerma auf ihrem Weg in die Einsamkeit begleiten. Der Chor der Frauen wird gebildet aus fünf Bochumerinnen, alle älter als 70, die mutig genug sind, mit Cilla Back diesen spannenden Weg durch Yermas Welt zu gehen.

Premiere von Yerma am 14. April 2012 in den Bochumer Kammerspielen

Regie, Kostüme & Musik: Cilla Back

Weitere Termine: 19. und 28 April 2012

Am 12. April stellt sich die „Yerma“-Regisseurin im Gespräch mit Thomas Laue dem Publikum vor.

Schauspielhaus Bochum
- Kammerspiele –
Königsallee 15
44789 Bochum

Tel.: +49(0)234.3333-5555

Vier Gedichte von

F.G.L.

Der Dichter bittet seine Geliebte, ihm zu schreiben
Abschied
Memento
Überraschung

klick hier:
http://kuenstlerhaus.net/zusatz/lorca/lorca.htm
„Das Theater ist eine Schule des Weinens und des Lachens.! F.G.L.
In Federicos Werk "Dona Rosita bleibt ledig oder die Sprache der Blumen" lebt die verwaiste Titelfigur Rosita bei ihrer Tante und ihrem Onkel, einem passionierten Blumenzüchter, dessen kostbarstes Gewächs die Rosa mutabilis ist. Zitat daraus: "Wenn die Rose morgens öffnet, ist sie rot wie Blut. Der Tau berührt sie nicht, denn er fürchtet sich zu verbrennen. Ist die Blüte mittags offen, dann ist hart sie wie Koralle".

Unser Leben ist der Fluss,
der sich ins Meer ergießt,
das „Sterben“ heißt.
Federico Garcia Lorca
Je weniger man Dinge
auf Erden wichtig
nimmt, desto näher
kommt man den wirklich
wichtigen Dingen.
(Federico Garcia Lorca)
„Man muss wieder mit Kinderaugen sehen und den Mond bitten;
man muss den Mond bitten und glauben was er uns in die Hände gibt.“
Federico Garcia Lorca
Wer von der Liebe und der Ehrbarkeit gestützt

wird,ergibt sich nie.



Federico Garcia Lorca-spanischer Schriftsteller

geb.05.06.1899

Si Muero
(Homenaje a Federico Garcia Lorca) para
Recitante, Flauta, Arpa y Organo
Das Werk für Sprecher, Flöte, Harfe und Orgel
wurde 1998 in Berlin komponiert. Zugrunde liegen
zwei Texte von Federico Garcia Lorca, die so ineinander
verschachtelt komponiert sind, dass ein
neuer Text entsteht.
Despedida
Si muero, dejad el balcón abierto.
El niño come naranjas.
(Desde mi balcón lo veo.)
El segador siega el trigo.
(Desde mi balcón lo siento.)
¡ Si muero,
dejad el balcón abierto!
Abschied
Wenn ich sterbe,
lasst den Balkon geöffnet.
Das Kind isst Orangen.
(Von meinem Balkon seh’ ich’s.)
Der Schnitter mäht Korn
(Von meinem Balkon fühl’ ich’s.)
Wenn ich sterbe,
lasst den Balkon geöffnet!
Nicht du bist vorbereitet
und nicht ich,
einander zu begegnen.

Federico García Lorca

Klage um Ignacio Sanches Mejias, I.,

A la cinco de la tarde...

Am Nachmittag um fünf Uhr.
Am Nachmittag war es um fünf Uhr genau.
Ein Knabe brachte das weisse Leintuch
am Nachmittage um fünf Uhr.
Ein Korb mit Kalk stand längst bereit
am Nachmittage um fünf Uhr.
Alles andre war Tod und nur Tod
am Nachmittage um fünf Uhr.
Der Wind trug die Watte hinweg
am Nachmittage um fünf Uhr.
Der Sauerstoff säte Kristall und Nickel
am Nachmittage um fünf Uhr.
Schon kämpfen Taube und Pardel
am Nachmittage um fünf Uhr.
Und ein Schenkel mit trostlosem Horn
am Nachmittage um fünf Uhr.
Die dunklen Töne begannen
am Nachmittage um fünf Uhr.
Die Glocken des Dunsts, des Arsens
am Nachmittage um fünf Uhr.
An den Ecken Gruppen aus Schweigen
am Nachmittage um fünf Uhr.
Und der Stier nur erhobenen Herzens!
am Nachmittage um fünf Uhr.
Als dann der Schneeschweiss hervorbrach
am Nachmittage um fünf Uhr.
als mit Jod sich bezog die Arena
am Nachmittage um fünf Uhr.
legte Eier der Tod in die Wunde
am Nachmittage um fünf Uhr.
Am Nachmittage um fünf Uhr.
Am Nachmittage um fünf Uhr genau.

Ein Sarg ist, mit Rädern, das Bett
am Nachmittage um fünf Uhr.
Knochen und Flöten tönen im Ohr ihm
am Nachmittage um fünf Uhr.
Ihm brüllte der Stier von der Stirn schon
am Nachmittage um fünf Uhr.
Das Zimmer erschillert´ vor Todkampf
am Nachmittage um fünf Uhr.
Von weither kriecht schon der Wundbrand
am Nachmittage um fünf Uhr.
Lilienjagdhorn um grüne Weichen
am Nachmittag um fünf Uhr,
und die Leute zerbrachen die Fenster
am Nachmittage um fünf Uhr.
Am Nachmittage um fünf Uhr.
Ach welche grässliche fünf Uhr nach Mittag!
Auf allen Uhren wars fünf Uhr.
In des Nachmittags Schatten wars fünf Uhr!
geschrieben

Der Tod des Dichters

VON ULRIKE FOKKEN






Federico García Lorca war provokant, links, schwul und genial. Er gilt als der größte Dichter seit Góngora und als Erneuerer des Theaters. Am 18. August 1936 wurde er von spanischen Faschisten ermordet


Die Stadt zog ihn an, magisch, fast wahnsinnig. Nur in Granada meinte Federico García Lorca das unausweichliche Grauen des drohenden Aufstands der Rechten aushalten zu können. Auf dem Landgut seiner Eltern, der Huerta de San Vicente am Stadtrand, wollte er das Schicksal Spaniens abwarten und noch einmal seine Familie sehen, bevor er auf die geplante Tournee nach Mexiko gehen würde.

Lorca ahnte den Tod, der sein Land verwüsten würde, und sah vier Tage vor Beginn des Bürgerkrieges die Felder vor Madrid "mit Leichen übersät". Voll Entsetzen beschloss er nach dieser Vision, unverzüglich nach Granada zu fahren. Lorca hatte eine feine Intuition. Aber in seiner Todesangst deutete er sie falsch.

"Bleib hier! Du bist in Madrid viel sicherer", beschwor Luis Buñuel seinen Freund Lorca, wie sich Buñuel in seiner Autobiografie "Mein letzter Seufzer" erinnert. Auch andere Freunde drängten Lorca, zu bleiben oder nach Frankreich zu gehen, aber auf keinen Fall nach Granada zu fahren. Ausgerechnet Granada, dessen katholisch-nationalistisches Bürgertum den Dichter verabscheute. Ihn hasste, vor allem seit Lorca im Frühjahr 1936 die Bürger seiner Heimatstadt in einem Interview als "die erbärmlichste Bourgeoisie Spaniens" bezeichnet und Granada eine "armselige, eingeschüchterte Stadt" genannt hatte.

In Granada wurde Federico García Lorca öffentlich als der "Schwule mit der Fliege" verhöhnt. Doch auch an jedem anderen Ort des drohenden faschistischen Spanien wäre er in Gefahr gewesen. Seine Homosexualität war für die Rechten im ganzen Land ein Thema. Da sie Lorcas geistreicher Brillanz, "seinem Genie", wie sein Biograf Ian Gibson schreibt, nichts entgegenzusetzen hatten, arbeitete sich die rechte Presse an Lorcas Homosexualität ab und beschrieb ausführlich sein Gefolge von "blassen Jüngelchen". Die Herausgeber und Chefredakteure der nationalkatholischen Zeitungen wie Ideal und Gracia y Justicia waren sich nicht zu blöd, noch die abstruseste Geschichte über Lorca zu drucken. Als Lorca im Oktober 1933 in Buenos Aires vor Mitgliedern des argentinischen PEN-Clubs einen künstlerischen Dialog mit Pablo Neruda über den nicaraguanischen Dichter Jorge Guillén hielt, ergötzte sich die rechtsextreme Presse Spaniens noch im Januar 1935 daran. Neruda hatte den Vortrag mit den Worten "Sehr geehrte Damen" begonnen, Lorca mit "und Herren" den Satz weitergeführt. Darüber konnte sich Gracia y Justicia noch mehr als ein Jahr später ereifern.

Die Rechten hatten viele Gründe, den linken Lorca als politischen Gegner zu betrachten. Er verkörperte das neue Spanien, das demokratische, freizügige und liberale Spanien, das in den wenigen Jahren der Republik zu atmen begonnen hatte und das die Faschisten mit aller Gewalt verhindern wollten. Lorca war in dieser Zeit der geistigen Freiheit und des gesellschaftlichen Aufbruchs zum erfolgreichsten Autor in spanischer Sprache in Europa und in Südamerika geworden. In seinen Theaterstücken kamen die Unterdrückten und Entrechteten zu Wort, die sich gegen Tyrannei zur Wehr setzen. Und das waren im alten Spanien der katholischen Kirche und des Machismo - die Frauen.

Lorcas Frauen sind stark, sie setzen sich über die doktrinären Beschränkungen der herrschenden Moral hinweg, sie leben und sterben für die Freiheit der sexuellen Selbstbestimmung. Lorca beschreibt das Drama der unerfüllten Liebe, der erstickten Sinnlichkeit und der unerfüllten Begierde, und das war revolutionär. Das demokratische Spanien der Moderne feierte Lorca als Erneuer, als einen, der endlich die Bande zum Mittelalter kappt. Für die katholisch-nationalistischen Bewahrer der leyenda negra, des schwarzen Vermächtnisses, waren seine Werke amoralisch, antikatholisch und damit antispanisch.

Als Lorca am Morgen des 14. Juli 1936 in Granada ankam, kämpften das neue und das alte Spanien dort schon gegeneinander, obwohl der Bürgerkrieg noch nicht begonnen hatte. Seit Wochen versetzten die Terroraktionen der Faschisten, Kommunisten und Anarchisten die Stadt in Angst. Der republikanische Militärgouverneur war ebenso unfähig, dem Schrecken ein Ende zu setzen, wie der liberale Zivilgouverneur der Provinz und der sozialistische Bürgermeister von Granada - der Schwager von Lorca. Dazu blieb ihnen dann auch keine Zeit mehr. Am 18. Juli erklärte General Franco auf den Kanarischen Inseln den Kriegszustand, nachdem ein Tag zuvor das Militär in Spanisch-Marokko geputscht hatte. Auf der Iberischen Halbinsel fiel zuerst Sevilla, und am Nachmittag des 20. Juli war Granada in der Gewalt der Faschisten.

Federico García Lorca erlebte den Beginn des Bürgerkrieges auf der Huerta de San Vicente, einer Mischung aus Obstplantage, Blumen- und Gemüsegarten. Seit 1925 hatte er jeden Sommer hier verbracht und in dem Haus von andalusischer Eleganz die Theaterstücke "Yerma", "Dona Rosita bleibt ledig" und "Bluthochzeit" geschrieben, mit denen er für seine Zeitgenossen zum bedeutendsten spanischen Dramatiker des 20. Jahrhunderts wurde. Auch die Gedichte des "Diwan des Tamarit" hatte Lorca auf der Huerta geschrieben und zehn Jahre zuvor den Zyklus der Zigeunerromanzen beendet, der ihn zum "Dichterkönig seiner Generation" machte, wie ein Kritiker 1927 schrieb.

Doch trotz aller Abgeschiedenheit der Huerta bekam die Familie Lorca die faschistische Terrorherrschaft sofort zu spüren. Der Bürgermeister der Stadt, Manuel Fernández-Montesinos, war mit Federicos Schwester Concha verheiratet und wurde gleich am 20. Juli verhaftet. Am 6. August durchsuchten Militärangehörige das Haus auf der Huerta, angeblich auf der Suche nach einem Radio, mit dem der Dichter "mit den Russen" in Kontakt stehen sollte. Am 9. August kam eine Gruppe Faschisten in Zivil, trieb Familie und Bedienstete im Hof zusammen, peitschte den Gutsverwalter aus, der den Aufenthaltsort seines Bruders bekanntgeben sollte, schlug seine Mutter und drohte, alle zu erschießen. "Den jungen Herrn Federico haben sie einen Schwulen genannt, alles Mögliche haben sie zu ihm gesagt und ihn die Treppe heruntergeworfen und geschlagen, erinnerte sich Angelina Cordobilla González, das Kindermädchen der Familie.

Nach diesem Terror ergriff Lorca die Panik. Er entschied, sich im Elternhaus seines Dichterfreundes Luis Rosales zu verstecken, dessen Brüder und Vater bekannte Mitglieder der Falange waren. Die angesehene konservative Familie Rosales half Lorca, und die Mutter seines Freundes konnte Lorcas Mörder Ramón Ruiz Alonso einmal aus dem Haus werfen. Als er zum zweiten Mal am Nachmittag des 16. August kam, konnte Senora Rosales nichts mehr ausrichten. Zwei Tage lang hielt Ruiz Alonso, der wegen seiner ebenso gewalttätigen wie kriecherischen Arbeit für die rechte katholische Arbeiterpartei als der "dressierte Arbeiter" bekannt war, den Dichter gefangen. In die Anklage gegen Lorca schrieb Ruiz Alonso, dass Lorca ein subversiver Romanschriftsteller sei, mit den Russen in Kontakt stehe, der Sekretär des linken Bildungsministers und homosexuell sei. Einzig der letzte Anklagepunkt entsprach der Wahrheit.

Die Familien Rosales und Lorca unternahmen alles in ihrer Macht Stehende, García Lorca aus den Fängen der Faschisten zu befreien. José Rosales, führendes Mitglied der Falange, erreichte beim militärischen Oberkommando der Provinz sogar den Freilassungsbefehl für Lorca - aber seine Mörder in der Stadt gaben ihn nicht heraus. In der Nacht vom 18. auf den 19. August brachten sie ihn mit drei weiteren Gefangenen auf einen Hügel außerhalb von Granada. Einer seiner Mörder, Juan Luis Trescastro, brüstete sich später am Tag, er habe dem Dichter "zwei Schüsse in den Arsch gegeben, weil er schwul war". Dann gaben sie ihm den Todesschuss.

An derselben verdorrten Stelle, neben der Bergstraße zwischen den Orten Alfacar und Víznar, liegen auch heute noch die Knochen von Federico García Lorca. Der Ort ist staubig und öde, und ein verkommener Park soll an den Dichter und die anderen Opfer des Bürgerkriegs erinnern. Unter der verwahrlosten Anlage liegen weitere fünfzig, hundert oder vielleicht auch noch mehr Tote. Niemand weiß, wie viele Menschen die Faschisten in den ersten Monaten ihrer Terrorherrschaft von Granada hier erschossen und verscharrt haben. Über Lorcas Grab ist Gestrüpp gewachsen. In den ersten Jahrzehnten der Diktatur waren seine Werke in Spanien verboten, sein Name durfte nicht ausgesprochen werden. García Lorca wurde zu einem Tabu, und noch zwanzig Jahre nach Francos Ende 1975 konnten Menschen in Granada plötzlich verstummen, wenn das Gespräch auf Lorca kam. Die Beklommenheit ist gewichen. Die Stadt Granada ist mittlerweile stolz auf Lorca, wenngleich sein Tod noch immer für Unruhe sorgt.

Die Neffen und Nichten von Federico García Lorca streiten sich seit Jahren mit den Nachfahren der drei mit García Lorca Erschossenen, ob das Massengrab am Hang von Víznar geöffnet werden soll. "Er soll als Toter seine Ruhe haben", sagt Laura García Lorca, eine Nichte. So sei der Hügel ein Ort der stillen Erinnerung. Wenn das Grab geöffnet würde, würden alte Wunden wieder aufreißen und niemandem sei damit gedient. Außerdem fürchtet die Familie, dass dann an der Stelle mit dem wunderbaren Blick über die Ebene Wochenendhäuser gebaut werden. Das ist durchaus wahrscheinlich. Aber auch siebzig Jahre nach seinem Tod ist Federico García Lorca ein Symbol für Spaniens Moderne und Demokratie. Und daher setzen Linke und Intellektuelle in Granada darauf, dass mit der Öffnung des Grabes Spanien endlich beginnt, den Bürgerkrieg aufzuarbeiten. Vielleicht sollten sie Lorca lesen, der einst schrieb: "Nur das Mysterium ermöglicht es uns, zu leben."


ULRIKE FOKKEN, Jahrgang 1964, lebt als freie Autorin in München und zeitweise in Andalusien. Über das zeitgenössische Spanien schreibt sie in ihrem jüngsten Buch, "So geht's, Deutschland! Was wir von unseren Nachbarländern lernen können" (Knaur Verlag, München 2006, 256 S., 12,95 Euro)



Unser Plaza Federico Garcia Lorca

aus alten Aktenbeständen

Manfred Fokkink

für den ehemaligen „Freundeskreis Federico Garcia Lorca“
anlässlich der Übergabe des renovierten Platzes F.G.L. am
Di., 25.10.2005


Ein Theaterstück des 1898 in Fuentevaqueros/Granada geborenen spanischen Künstlers FEDERICO GARCIA LORCA stand zum ersten mal in der Spielzeit 1961/1962 auf dem Programm der „Städtischen Bühnen Gelsenkirchen“. Am 23.09.1961 wurde im Großen Haus LORCAS Drama BLUTHOCHZEIT, unter der Regie von Bert Ledwoch gegeben.
In der Spielzeit 1969/1970 wurde die Bluthochzeit an gleicher Stelle aufgeführt, die mittlerweile schon „Musiktheater im Revier“ hieß. Unter der Leitung des damaligen Generalintendanten Prof. Günter Roth und der musikalischen Leitung von Ljubomir Romansky wurde das zeitlose Thema der BLUTHOCHZEIT erneut und mit großem Erfolg in Gelsenkirchen aufgeführt.

Bis zum Jahr 1998, in dem weltweit der 100. Geburtstag F.G. Lorcas gefeiert wurde und Gelsenkirchen mit über 40 Einzelveranstaltungen zu einem der Hauptorte der Lorca-Aktivitäten avancierte, war Lorca und sein Werk in unserer Stadt leider nicht präsent. Dies sollte sich in der Folgezeit ändern.

Anlässlich der Bundesgartenschau 1997 trat im großen Festzelt ein klassisches Ensemble aus Granada, dem Geburtsort Lorcas, mit „Zarzuelas“ (eine spanische Variante der Operette) auf. Eine Flamencogruppe aus Cordoba um den gebürtigen Gelsenkirchener Gitarristen „El Macareno“ zeigte authentischen Flamenco mit Gitarre, Gesang und Tanz und erinnerte an die große Flamencoleidenschaft Lorcas im Andalusien der 20er Jahre.
Dieses Geschenk der Stadt Granada, die sich damals gerade auf die Feiern zum 100jährigen Geburtstag ihres weltbekannten Sohnes vorbereitete, löste ein reges Interesse an sozio-kulturellen Aktivitäten auf beiden Seiten aus. Die „lorcafreie“ Zeit in Gelsenkirchen war nun zu Ende.

Am 05.06.1997, dem 99.Geburtstag Lorcas, gründete sich der „Freundeskreis F.G.L.“ und begann mit der Erarbeitung eines breitgefächerten Programms. Vorträge, Lesungen, Musik, Tanz und Ausstellungen mit fast 200 beteiligten Künstlern und Fachleuten würdigten Person und Werk Lorcas in über 40 Veranstaltungen.

Einen wichtigen Ausgangspunkt zum Gelingen des Projektes bildete die Beziehung des Wahl-Gelsenkircheners J.R. Alvarez zu wichtigen Persönlichkeiten seiner Heimatstadt Granada, die dem Freundeskreis viele Türen öffnete.
So waren im Städtischen Museum Buer - erstmals in Deutschland - „Originalzeichnungen und –Manuskripte“ Lorcas zu sehen, die vom Leiter des Lorca-Museums in Fuentevaqueros, Herrn Juan de Loxa, zur Verfügung gestellt wurden. Die Bilder waren der Öffentlichkeit in Spanien erst 12 Jahre nach Francos Tod, im Jahre 1987 in Madrid präsentiert worden.

Am 31.05.1998 gewann Carmen Fernandez den „Concurso de cante jondo“ (Gesangswettbewerb im tiefen, inneren Gesang) im Saal der Zeche Oberschuir, der dem von F.G. Lorca und dem Granainischen Komponisten Manuel de Falla in den 20er Jahren organisierten Gesangswettbewerb zu Füßen der Alhambra in Granada nachempfunden war. Sie setzte sich gegen 7 männliche Konkurrenten durch. Carmen Fernandez gilt inzwischen in Deutschland unumstritten als die derzeit beste Sängerin im Flamenco.

„Lorcas Tod“ wurde am 19.08.1998 (sein Todestag) in einer Messe in der Georgskirche an der Luitpoldstraße gedacht. Patricia Ferdinand Ude inszenierte anschließend eine vielbeachtete Performance auf dem Theatervorplatz.

Am 15.10.1998 zeigte die Musikgruppe ORFEAS, wie Lorcas Werk in Griechenland aufgenommen und bis heute gepflegt wird. Nunmehr bereits zum dritten mal in Gelsenkirchen, allerdings in einer völlig eigenen Version, stand die BLUTHOCHZEIT auf dem Programm. Die Interpretation orientierte sich an Adaptionen von Mikis Theodorakis und anderer griechischer Komponisten.

Am 31.10.1998 endete die Veranstaltungsreihe im Saal des Hans-Sachs-Hauses mit einer finalen Fiesta, die noch einmal zahlreiche, von Lorca inspirierte Künstler, ins Blickfeld des Publikums brachte.

Alle diese Veranstaltungen und Aktivitäten wurden vom „Freundeskreis Federico Garcia Lorca“ in Kooperation mit unterschiedlichsten Einrichtungen, Institutionen, Vereinen und Einzelpersonen vorbereitet und durchgeführt. Dies war eine immense Leistung, die nachhaltige Ergebnisse bringen sollte. Neben der Aufmerksamkeit, die mit den Veranstaltungen bei der Gelsenkirchener Bevölkerung erzielt werden konnte, berichteten Presse, Radio und Fernsehen in Deutschland und Spanien ausführlich über die Aktivitäten.

Der Freundeskreis wandte sich, vom allseitigen Zuspruch bestärkt, an das Vermessungs- und Katasteramt und beantragte, „dass die am Ende der Ruhrstraße gelegene Fläche im Kreuzungsbereich der Straßenzüge Luitpoldstr./Ringstraße und Hauptstraße den Namen Platz Federico Garcia Lorca erhält“.
In der Sitzung der Bezirksvertretung Gelsenkirchen-Mitte am 02.09.1998 präsentierten Vertreter des Freundeskreises eine Büste des andalusischen Künstlers, die den Platz nach der Benennung zieren sollte, wozu es allerdings im Zuge der weiteren Planung nicht kam. Im Kataster der Stadt wurde „eine entsprechende Fläche“ gebildet, wie es in der Sprache des Katasteramtes heißt, und nicht zuletzt weil die Umbenennung keine finanziellen Belastungen nach sich zog, stimmte die Bezirksvertretung der Beschlussvorlage zu. Wenige Zeit später prangte am Platz das neue Namenschild. Seitdem erinnern die Busfahrer der BOGESTRA ihre Fahrgäste an der Station in der Altstadt täglich an den großen spanischen Künstler.

Nach Abwicklung der Festaktivitäten stellte der Freundeskreis seine Arbeit ein. Einige Mitglieder arbeiteten nunmehr intensiv in der Agenda 21 – Arbeitsgruppe „Lebensraum Stadt“, mit dem Ziel eines adäquaten Umbaus des Lorca-Platzes.

Dank der Hilfe und Unterstützung aus Politik und Verwaltung dürfen wir heute gemeinsam diesen Platz mit einer ungewöhnlich interessanten Geschichte der Öffentlichkeit übergeben.

Die Namensgebung und die Gestaltung des Platzes ist auch ein Zeichen der Wertschätzung der Migrantinnen und Migranten in der Stadt, die ihre Kultur aus ihrer Heimat mitgebracht haben und Gelsenkirchen hierdurch noch bunter und auch interessanter machen. Dieses Bekenntnis der Stadt zu ihren Migrantinnen und Migranten ist nicht neu: In der Schüngelbergsiedlung gibt es schon lange den Tepeweg. Das türkische Wort „Tepe“ meint „Halde“, auf deutsch würde es „Haldenweg“ heißen. Die vielen türkischen Bewohner auf dem Schüngelberg fühlen sich seit dieser Namensgebung ein wenig „heimischer“. So geht es jetzt sicher auch den Spaniern in der Stadt mit dem „neuen“ Platz Garcia Lorca.
"Die Kraft des Flamenco gleicht dem Moment,
der die Zeit anhält –
ein Moment der Unsterblichkeit."

Federico García Lorca


!Ay!

Klageruf

El grito
La elipse de un grito,
va de monte
a monte.

Desde los olivos,
será un arco iris negro
sobre la noche azul.

¡Ay!

Como un arco de viola
el grito ha hecho vibrar
largas cuerdas del viento.

¡Ay!

(Las gentes de las cuevas
asoman sus velones.)

¡Ay!


klageruf
der klageruf verhallt
von berg zu berg
die not

vom olivendunkel her
ist er schwarzer regenbogen
der die blaue nacht vermißt

ay!

ein bratschenbogen sacht am laut
verzittert er die saiten
die sich der wind erspurt

ay!

(die in den höhlen hausen
schütten licht vors aug)

ay!

F.G.L
„ Flamenco ist eine Kunst, ein —
System von Erlebnissen, eine unerschöpfliche
Quelle unendlicher
Schönheit: Flamenco ist Befreiung,
Klage, Läuterung, Schmerz, Liebe,
Leidenschaft, sogar Tod und ja: auch
Leben und Freude.“
(Federico Garcia Lorca, 1898—1936)

Granada

von F.G.L.

Granada war ein Mond
ganz in Efeu erstickt
Granada war ein Reh
rosa auf den Wetterfahnen.

Fundstück

aus dem web

Der Tag trägt den Abend überm Arm


Eigentlich schade, daß wir von Federico García Lorca (1898 bis 1936) sowohl Bild- als auch Tondokumente haben, aber nie beides in einem. Ein kurzer Amateurfilm etwa zeigt den kostümierten Dichter beim Theaterspiel mit seiner Truppe “La Barraca”, doch die Bilder bleiben stumm. Den genialisch inspirierten Musiker Lorca hören wir auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1931 am Klavier, wo er die Sängerin Encarnación López, La Argentinita, bei spanischen Volksliedern begleitet, die er selbst vertont hat.

Wie seine eigene Lyrik beim öffentlichen Vortrag klang, wissen wir dagegen nur aus Beschreibungen. Die Auftritte müssen unglaublich gewesen sein. Nach einer Lesung 1926 in Valladolid schreibt der befreundete Dichter des “Ultraísmo”, Guillermo de Torre: “Federico García Lorca ist ein Dichter, wie zwei und zwei vier sind. Die Geschichte wird dazu nur noch ,Amen’ sagen können.” Und ein Kritiker sieht voraus, daß Kinder und Mädchen eines Tages die Balladen Lorcas singen werden, “und dann werde ich sagen: Ich war einer der ersten Zuschauer und Zuhörer, und ich habe mich nicht geirrt.”



Der Kritiker behielt recht. Schon vor der ersten Buchausgabe der “Zigeunerromanzen” im Juli 1928 waren die Verse der in einem gut dreijährigen, mühsamen Prozeß entstandenen Sammlung unter Eingeweihten berühmt. Rafael Alberti schildert in seiner Autobiographie “Der verlorene Hain”, daß Zuhörer Lorcas in Sevilla tobten, die Taschentücher schwenkten wie beim Stierkampf und ein andalusischer Dichterkollege den armen Lorca vor Begeisterung an Jacke, Kragen und Krawatte riß. Als das Buch dann endlich in die Läden kam, verkaufte es sich glänzend, und in den nächsten zwölf Jahren folgten sieben weitere Auflagen. Jetzt erscheint das spanische Kultbuch von einst in neuer Übersetzung, und die Frage lautet: Was sagt es uns? Und wie?



Zigeunerromanzen / Primer romancero gitano von García Lorca, Federico
Vorweg: Es ist erst ein paar Jahre her, daß der Suhrkamp Verlag die Lorca-Erben von der Notwendigkeit einer Neuübersetzung überzeugen konnte; bis dahin hatte der Übersetzer Enrique Beck das poetische Alleinvertretungsrecht genossen und das deutsche Lorca-Bild mit seinem feierlich-floralen Dichterstil monopolisiert. Martin von Koppenfels, der von zwei Jahren schon den “Dichter in New York” bravourös ins Deutsche übertragen hat (F.A.Z. vom 12. Dezember 2000), legt mit den “Zigeunerromanzen” (Primer romancero gitano) nun seinen zweiten Lorca-Band vor. Die Überlegenheit der Koppenfels-Übertragung gegenüber Beck braucht man nicht mehr weitschweifig zu begründen; sie liegt schon bei flüchtiger Lektüre auf der Hand, ist hörbar und spürbar.

Lorca im www

en castillano

http://federicogarcialorca.net/

Der SPIEGEL

über Lorca

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-65089133.html

Lorca

aus dem TAZ - Archiv

er Tod des Dichters
Federico García Lorca war provokant, links, schwul und genial. Er gilt als der größte Dichter seit Góngora und als Erneuerer des Theaters. Am 18. August 1936 wurde er von spanischen Faschisten ermordet
VON ULRIKE FOKKEN

Die Stadt zog ihn an, magisch, fast wahnsinnig. Nur in Granada meinte Federico García Lorca das unausweichliche Grauen des drohenden Aufstands der Rechten aushalten zu können. Auf dem Landgut seiner Eltern, der Huerta de San Vicente am Stadtrand, wollte er das Schicksal Spaniens abwarten und noch einmal seine Familie sehen, bevor er auf die geplante Tournee nach Mexiko gehen würde.

Lorca ahnte den Tod, der sein Land verwüsten würde, und sah vier Tage vor Beginn des Bürgerkrieges die Felder vor Madrid "mit Leichen übersät". Voll Entsetzen beschloss er nach dieser Vision, unverzüglich nach Granada zu fahren. Lorca hatte eine feine Intuition. Aber in seiner Todesangst deutete er sie falsch.

"Bleib hier! Du bist in Madrid viel sicherer", beschwor Luis Buñuel seinen Freund Lorca, wie sich Buñuel in seiner Autobiografie "Mein letzter Seufzer" erinnert. Auch andere Freunde drängten Lorca, zu bleiben oder nach Frankreich zu gehen, aber auf keinen Fall nach Granada zu fahren. Ausgerechnet Granada, dessen katholisch-nationalistisches Bürgertum den Dichter verabscheute. Ihn hasste, vor allem seit Lorca im Frühjahr 1936 die Bürger seiner Heimatstadt in einem Interview als "die erbärmlichste Bourgeoisie Spaniens" bezeichnet und Granada eine "armselige, eingeschüchterte Stadt" genannt hatte.

In Granada wurde Federico García Lorca öffentlich als der "Schwule mit der Fliege" verhöhnt. Doch auch an jedem anderen Ort des drohenden faschistischen Spanien wäre er in Gefahr gewesen. Seine Homosexualität war für die Rechten im ganzen Land ein Thema. Da sie Lorcas geistreicher Brillanz, "seinem Genie", wie sein Biograf Ian Gibson schreibt, nichts entgegenzusetzen hatten, arbeitete sich die rechte Presse an Lorcas Homosexualität ab und beschrieb ausführlich sein Gefolge von "blassen Jüngelchen". Die Herausgeber und Chefredakteure der nationalkatholischen Zeitungen wie Ideal und Gracia y Justicia waren sich nicht zu blöd, noch die abstruseste Geschichte über Lorca zu drucken. Als Lorca im Oktober 1933 in Buenos Aires vor Mitgliedern des argentinischen PEN-Clubs einen künstlerischen Dialog mit Pablo Neruda über den nicaraguanischen Dichter Jorge Guillén hielt, ergötzte sich die rechtsextreme Presse Spaniens noch im Januar 1935 daran. Neruda hatte den Vortrag mit den Worten "Sehr geehrte Damen" begonnen, Lorca mit "und Herren" den Satz weitergeführt. Darüber konnte sich Gracia y Justicia noch mehr als ein Jahr später ereifern.

Die Rechten hatten viele Gründe, den linken Lorca als politischen Gegner zu betrachten. Er verkörperte das neue Spanien, das demokratische, freizügige und liberale Spanien, das in den wenigen Jahren der Republik zu atmen begonnen hatte und das die Faschisten mit aller Gewalt verhindern wollten. Lorca war in dieser Zeit der geistigen Freiheit und des gesellschaftlichen Aufbruchs zum erfolgreichsten Autor in spanischer Sprache in Europa und in Südamerika geworden. In seinen Theaterstücken kamen die Unterdrückten und Entrechteten zu Wort, die sich gegen Tyrannei zur Wehr setzen. Und das waren im alten Spanien der katholischen Kirche und des Machismo - die Frauen.

Lorcas Frauen sind stark, sie setzen sich über die doktrinären Beschränkungen der herrschenden Moral hinweg, sie leben und sterben für die Freiheit der sexuellen Selbstbestimmung. Lorca beschreibt das Drama der unerfüllten Liebe, der erstickten Sinnlichkeit und der unerfüllten Begierde, und das war revolutionär. Das demokratische Spanien der Moderne feierte Lorca als Erneuer, als einen, der endlich die Bande zum Mittelalter kappt. Für die katholisch-nationalistischen Bewahrer der leyenda negra, des schwarzen Vermächtnisses, waren seine Werke amoralisch, antikatholisch und damit antispanisch.

Als Lorca am Morgen des 14. Juli 1936 in Granada ankam, kämpften das neue und das alte Spanien dort schon gegeneinander, obwohl der Bürgerkrieg noch nicht begonnen hatte. Seit Wochen versetzten die Terroraktionen der Faschisten, Kommunisten und Anarchisten die Stadt in Angst. Der republikanische Militärgouverneur war ebenso unfähig, dem Schrecken ein Ende zu setzen, wie der liberale Zivilgouverneur der Provinz und der sozialistische Bürgermeister von Granada - der Schwager von Lorca. Dazu blieb ihnen dann auch keine Zeit mehr. Am 18. Juli erklärte General Franco auf den Kanarischen Inseln den Kriegszustand, nachdem ein Tag zuvor das Militär in Spanisch-Marokko geputscht hatte. Auf der Iberischen Halbinsel fiel zuerst Sevilla, und am Nachmittag des 20. Juli war Granada in der Gewalt der Faschisten.

Federico García Lorca erlebte den Beginn des Bürgerkrieges auf der Huerta de San Vicente, einer Mischung aus Obstplantage, Blumen- und Gemüsegarten. Seit 1925 hatte er jeden Sommer hier verbracht und in dem Haus von andalusischer Eleganz die Theaterstücke "Yerma", "Dona Rosita bleibt ledig" und "Bluthochzeit" geschrieben, mit denen er für seine Zeitgenossen zum bedeutendsten spanischen Dramatiker des 20. Jahrhunderts wurde. Auch die Gedichte des "Diwan des Tamarit" hatte Lorca auf der Huerta geschrieben und zehn Jahre zuvor den Zyklus der Zigeunerromanzen beendet, der ihn zum "Dichterkönig seiner Generation" machte, wie ein Kritiker 1927 schrieb.

Doch trotz aller Abgeschiedenheit der Huerta bekam die Familie Lorca die faschistische Terrorherrschaft sofort zu spüren. Der Bürgermeister der Stadt, Manuel Fernández-Montesinos, war mit Federicos Schwester Concha verheiratet und wurde gleich am 20. Juli verhaftet. Am 6. August durchsuchten Militärangehörige das Haus auf der Huerta, angeblich auf der Suche nach einem Radio, mit dem der Dichter "mit den Russen" in Kontakt stehen sollte. Am 9. August kam eine Gruppe Faschisten in Zivil, trieb Familie und Bedienstete im Hof zusammen, peitschte den Gutsverwalter aus, der den Aufenthaltsort seines Bruders bekanntgeben sollte, schlug seine Mutter und drohte, alle zu erschießen. "Den jungen Herrn Federico haben sie einen Schwulen genannt, alles Mögliche haben sie zu ihm gesagt und ihn die Treppe heruntergeworfen und geschlagen, erinnerte sich Angelina Cordobilla González, das Kindermädchen der Familie.

Nach diesem Terror ergriff Lorca die Panik. Er entschied, sich im Elternhaus seines Dichterfreundes Luis Rosales zu verstecken, dessen Brüder und Vater bekannte Mitglieder der Falange waren. Die angesehene konservative Familie Rosales half Lorca, und die Mutter seines Freundes konnte Lorcas Mörder Ramón Ruiz Alonso einmal aus dem Haus werfen. Als er zum zweiten Mal am Nachmittag des 16. August kam, konnte Senora Rosales nichts mehr ausrichten. Zwei Tage lang hielt Ruiz Alonso, der wegen seiner ebenso gewalttätigen wie kriecherischen Arbeit für die rechte katholische Arbeiterpartei als der "dressierte Arbeiter" bekannt war, den Dichter gefangen. In die Anklage gegen Lorca schrieb Ruiz Alonso, dass Lorca ein subversiver Romanschriftsteller sei, mit den Russen in Kontakt stehe, der Sekretär des linken Bildungsministers und homosexuell sei. Einzig der letzte Anklagepunkt entsprach der Wahrheit.

Die Familien Rosales und Lorca unternahmen alles in ihrer Macht Stehende, García Lorca aus den Fängen der Faschisten zu befreien. José Rosales, führendes Mitglied der Falange, erreichte beim militärischen Oberkommando der Provinz sogar den Freilassungsbefehl für Lorca - aber seine Mörder in der Stadt gaben ihn nicht heraus. In der Nacht vom 18. auf den 19. August brachten sie ihn mit drei weiteren Gefangenen auf einen Hügel außerhalb von Granada. Einer seiner Mörder, Juan Luis Trescastro, brüstete sich später am Tag, er habe dem Dichter "zwei Schüsse in den Arsch gegeben, weil er schwul war". Dann gaben sie ihm den Todesschuss.

An derselben verdorrten Stelle, neben der Bergstraße zwischen den Orten Alfacar und Víznar, liegen auch heute noch die Knochen von Federico García Lorca. Der Ort ist staubig und öde, und ein verkommener Park soll an den Dichter und die anderen Opfer des Bürgerkriegs erinnern. Unter der verwahrlosten Anlage liegen weitere fünfzig, hundert oder vielleicht auch noch mehr Tote. Niemand weiß, wie viele Menschen die Faschisten in den ersten Monaten ihrer Terrorherrschaft von Granada hier erschossen und verscharrt haben. Über Lorcas Grab ist Gestrüpp gewachsen. In den ersten Jahrzehnten der Diktatur waren seine Werke in Spanien verboten, sein Name durfte nicht ausgesprochen werden. García Lorca wurde zu einem Tabu, und noch zwanzig Jahre nach Francos Ende 1975 konnten Menschen in Granada plötzlich verstummen, wenn das Gespräch auf Lorca kam. Die Beklommenheit ist gewichen. Die Stadt Granada ist mittlerweile stolz auf Lorca, wenngleich sein Tod noch immer für Unruhe sorgt.

Die Neffen und Nichten von Federico García Lorca streiten sich seit Jahren mit den Nachfahren der drei mit García Lorca Erschossenen, ob das Massengrab am Hang von Víznar geöffnet werden soll. "Er soll als Toter seine Ruhe haben", sagt Laura García Lorca, eine Nichte. So sei der Hügel ein Ort der stillen Erinnerung. Wenn das Grab geöffnet würde, würden alte Wunden wieder aufreißen und niemandem sei damit gedient. Außerdem fürchtet die Familie, dass dann an der Stelle mit dem wunderbaren Blick über die Ebene Wochenendhäuser gebaut werden. Das ist durchaus wahrscheinlich. Aber auch siebzig Jahre nach seinem Tod ist Federico García Lorca ein Symbol für Spaniens Moderne und Demokratie. Und daher setzen Linke und Intellektuelle in Granada darauf, dass mit der Öffnung des Grabes Spanien endlich beginnt, den Bürgerkrieg aufzuarbeiten. Vielleicht sollten sie Lorca lesen, der einst schrieb: "Nur das Mysterium ermöglicht es uns, zu leben."

ULRIKE FOKKEN, Jahrgang 1964, lebt als freie Autorin in München und zeitweise in Andalusien. Über das zeitgenössische Spanien schreibt sie in ihrem jüngsten Buch, "So geht's, Deutschland! Was wir von unseren Nachbarländern lernen können" (Knaur Verlag, München 2006, 256 S., 12,95 Euro)



Federico García Lorca


Auf den Spuren des Dichters

Dichter und Dramatiker aus Granada (1898-1936), er wird der sogenannten "Generation der 27" zugeordnet und wird als einer der bedeutendsten spanischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts angesehen. Seine Ermordung während der ersten Tage des spanischen Bürgerkriegs führte dazu, dass sein Werk international bekannt wurde.

http://de.wikipedia.org/wiki/Federico_García_Lorca
 
 
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